Berufsverbot: Individuelle Zurechenbarkeit einer Aufsichtsrechtsverletzung
Beeindruckend am Urteil des BGer (2C_192/2019) ist, dass dem General Council in dessen Funktion als Leiter Compliance im Hinblick auf die Einhaltung der Geldwäschereivorschriften eine umfassende Garantenstellung zugesprochen wurde. Interne Organisationsmängel entbehren gerade nicht von der Einhaltung der Geldwäschereivorschriften bzw. der Vornahme einer Meldung an die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS).
Vorgeschichte
Das zweijährige Berufsverbot gegenüber dem General Council verhängte die FINMA, da sie dessen Pflichten in Bezug auf die Einhaltung des Geldwäschereigesetzes (GwG) verletzt sah. Hintergrund dazu war die unterbliebene Meldung an die MROS, die aufgrund der unbelegten und sowohl dem General Council als auch der Geschäftsleitung der Bank bekannten Transaktionen im Zusammenhang mit dem 1MBD-Debakel hätte vorgenommen werden sollen. Der General Council ergriff gegen die Verfügung Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragte deren Aufhebung.
Rechtliche Erwägungen
Das Bundesverwaltungsgericht erwog in rechtlicher Hinsicht, dass der General Council, der mitunter ebenfalls Leiter der Abteilung Legal & Compliance war, der Geschäftsleitung mindestens eine Meldung an die MROS hätte vorschlagen müssen. Durch die Nichtvornahme der Meldung bzw. des Vorschlages hat der General Council eine schwere Verletzung von Art. 9 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 GwG mitbewirkt. Hinsichtlich des verhängten Berufsverbotes im Sinne von Art. 33 FINMAG war das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht, dass das Mitverschulden der Geschäftsleitung verschuldensmindernd berücksichtig werden müsse. Darauf gestützt wertete das Bundesverwaltungsgericht das Verschulden des General Council als leichtes Mitverschulden und empfand das ausgesprochene Berufsverbot als unzumutbar.
Das Bundesgericht war im Hinblick auf die Verschuldenskomponente anderer Ansicht und erwog, dass dem General Council aufgrund seiner umfangreichen Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsleitung eine Garantenstellung im Sinne von Art. 6 und 9 GwG zukam. Unter dem Punkt der Verhältnismässigkeit sei sein kooperatives Verhalten sowie der Umstand, dass der General Council von seinen Vorgesetzten unter Druck gesetzt und sogar getäuscht wurde, positiv zu werden. Solche Organisationsmängel vermögen die individuelle Zurechenbarkeit einer Aufsichtsrechtsverletzung jedoch nicht zu beseitigen. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde gut und bestätigte das zweijährige Berufsverbot gegen den General Council.
Einleuchtende Argumentation
Die Argumentation des Bundesgerichtes leuchtet ein und ist zu begrüssen. Könnten sich Personen mit Funktionen, die organisatorisch nicht in die operative oder strategische Leitung des Unternehmens eingegliedert sind gerade durch diesen Umstand der Verantwortlichkeit entziehen, so gäbe dies erst recht Anlass, um Organisationsmängel zu schaffen. Mit dem Urteil hat das Bundesgericht klar die Richtung gewiesen, dass Funktionen mit weitreichenden Entscheidungsmöglichkeiten unbesehen der Organisationsstruktur zur Rechenschaft gezogen werden.
Dieser Beitrag wurde von RAin Rebecca Isenegger verfasst.
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