Bedeutende Entwicklung: Entmaterialisierung von Wertpapieren

Am 1. Februar 2021 ist ein erster Teil des DLT-Gesetzes in Kraft getreten, das die Eidgenössischen Räte im September letzten Jahres einstimmig angenommen haben. Die Inkraftsetzung betrifft insbesondere die Teilrevision des Wertpapierrechts (Art. 973d ff. OR), des internationalen Privatrechts (insbesondere Art. 145a IPRG) sowie des Bucheffektengesetzes. Der zweite Teil des DLT-Gesetzes mit den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen wird voraussichtlich am 1. August 2021 in Kraft treten.

Mit der Teilrevision des OR wird das Registerwertrecht in das schweizerische Recht eingeführt. Das Registerwert ist ein Wertrecht, das durch Eintragung in einem Wertrechteregister eingetragen und nur über dieses Wertrechtsregister übertragen werden kann. Anders als das bereits bisher bekannte Wertrecht nach Art. 973c OR (neu “einfaches Wertrecht”) kommen dem Registerwertrecht effektiv alle Funktionen eines Wertpapiers öffentlichen Glaubens zu (Transport-, Legitimations- und Verkehrsschutzfunktion).

Dem Registerwertrecht kommen effektiv alle Funktionen eines Wertpapiers öffentlichen Glaubens zu (Transport-, Legitimations- und Verkehrsschutzfunktion).
— Dr. iur. Hans Kuhn

Zur Schaffung von Registerwertrechten bedarf es einer Registrierungsvereinbarung, die funktionell einer doppelseitigen Präsentations- und einer doppelseitigen Legitimationsklausel entspricht. Die Registrierungsvereinbarung verbindet ein privatrechtliches Recht (Forderungs-, Mitgliedschafts-, Sachenrecht) mit einem Wertrechteregister und unterwirft dadurch das Recht der registerwertrechtlichen Übertragungs- und Legitimationsordnung (Art. 973e f. OR). Die Urkunde als Informationsträger wird durch das Wertrechteregister substituiert, das Register ist im Ergebnis also das digitale Äquivalent zur Urkunde im klassischen Wertpapierrecht (Art. 973d Abs. 2 OR).

Wird beabsichtigt, Rechte in Form von Registerwertrechten zu digitalisieren, müssen zwingend die in Art. 973d Abs. 2 OR genannten Anforderungen eingehalten werden, weil sonst (trotz Eintrag im Wertrechteregister) kein Registerwertrecht entsteht. Die Parteien sind also gut beraten, in der Registrierungsvereinbarung ein Auffangnetz zu vereinbaren (z.B. Vertragsübertragung, die auch formlos gültig ist). Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass der für das Wertrechteregister Verantwortliche (Schuldner) im Falle des Nichtfunktionierens des Registers nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragshaftung für Schäden haftet (Art. 97 ff. OR, denkbar ist auch eine Haftung aus culpa in contrahendo).

Einige Unternehmen teilten bereits mit, dass sie auf Basis von Registerwertrechten Asset-Token schufen bzw. schaffen werden. Sygnum Bank AG und Fine Wine Capital AG haben Premium-Weine tokenisiert und die SEBA Bank AG beabsichtigt, tokenisierte Aktien zu schaffen. Wicki Partners hat verschiedene dieser Projekte beratend begleitet.

Weiterführende Informationen zu den Anforderungen an ein Wertrechteregister und die Ausgestaltung einer Registrierungsvereinbarung finden sich im Rundschreiben “Registerwertrechte” der Swiss Blockchain Federation. Dr. iur Hans Kuhn von Wicki Partners hat daran massgeblich mitgearbeitet.

Wicki Partners unterstützt Sie sehr gerne bei der Digitalisierung von Vermögenswerten oder anderen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der DLT-Vorlage. Bitte wenden Sie sich direkt an Dr. iur. Hans Kuhn oder Sebastian Wälti.